Schreckensbilanz der Politik
Im Zuge der Umweltdiskussionen und der Suche nach alternativen Lebensformen wurde deutlich, dass es nicht genügte, Umweltschäden zu analysieren und nach deren Ursachen zu forschen. Um irreparable Schäden zu vermeiden, hieße es, auf manche technischen Fortschritte zu verzichten. Diesen Widerspruch zur Wachstumsgesellschaft formulierte ganz vehement Herbert Gruhl in seiner Schreckensbilanz der Politik: „Ein Planet wird geplündert“. Sein Buch löste ähnliche Reaktionen aus wie kurz zuvor der Bericht des Club of Rome. Schonungslos werden darin die negativen Folgen eines bedingungslosen Wachstums der Wirtschaft aufgezeigt.
Als der Titel im Herbst 1975 erschien (der Autor selbst war zu diesem Zeitpunkt MdB der CDU), wurde er von allen Bundestagsfraktionen totgeschwiegen. Die Devise: No comment! Opposition wie Koalition hörten gleichermaßen weg, wenn Gruhl im Bundestag Theorie und Praxis der Marktwirtschaft einen Schwindel nannte und mehr staatliche Eingriffe und den Stop des Wirtschaftswachstums forderte. Obwohl viele ihm Recht gaben, blieb er ein parlamentarischer Außenseiter. Erst ein Jahr später versprach Richard von Weizsäcker auf die Frage einer Journalistin hin, wann die CDU gedenke, eine öffentliche Diskussion über Gruhls Thesen zu führen: »Ich werde mich für eine lebhaftere Diskussion der Analysen einsetzen.«
Außerhalb des Parlaments allerdings löste das Buch unmittelbar nach Erscheinen weitreichende Diskussionen aus. „Ein Planet wird geplündert“ avancierte zum Bestseller und wurde für Umweltschützer und Bürgerinitiativen zur Standardlektüre und Grundlage ihrer Arbeit.
Gruhl war später Mitbegründer der GRÜNEN, und sein Titel legte den Grundstein für eine wichtige Reihe im Verlag, die bis in die 80er Jahre hinein erfolgreich alternative Lebensformen aufzeigte und Umweltthemen diskutierte: „fischer alternativ“.
1975